Dr. Sergij Osatschuk, Honorarkonsul der Republik Österreich in Czernowitz, machte uns beim Besuch dieser schönen, geschichtsträchtigen Stadt auf die nur wenig bekannte Lebensgeschichte eines deutschen Diplomaten aufmerksam: Fritz Gebhard Schellhorn. 1888 in Rottweil geboren, wuchs er in einer gutbürgerlichen katholischen Familie auf und studierte Medizin. Nach seinem Einsatz als Arzt im Ersten Weltkrieg war er so traumatisiert, dass er den ärztlichen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Er studierte Staatswissenschaft und trat 1920 in den Auswärtigen Dienst ein. Es folgten Verwendungen in Brüssel, Reykjavík, Wien und Paris. Von 1934 bis 1944 war er Konsul in Rumänien, und zwar in Czernowitz und Jassy. 1933 in die NSDAP eingetreten, wandte er sich nach dem Röhm-Putsch (1934) vom Nationalsozialismus ab, ohne jedoch seine Parteimitgliedschaft aufzugeben. Im Juni 1941 setzte er sich für ein Ende des Pogroms in Jassy ein. Im Juli 1941 konnte er mit seinem Hinweis auf mögliche diplomatische Verwicklungen erreichen, dass das Morden der SS-Einsatzgruppe D in Czernowitz beendet wurde. Im Oktober 1941 überzeugte Fritz Schellhorn den Militärgouverneur der Bukowina davon, dass die Deportation der Juden aus Czernowitz wirtschaftliche und militärische Interessen verletze – rumänische und deutsche, so dass der rumänische Ministerpräsident Marschall Ion Antonescu, den Fritz Schellhorn persönlich kannte, 20.000 Juden von der angeordneten und bereits eingeleiteten Deportation bewahrte. Dieser Erfolg wird auch dem damaligen Bürgermeister von Czernowitz zugeschrieben, der 1969 von Yad Vashem den Titel „Gerechter unter den Völkern“ erhielt. Nach dem Einmarsch der Roten Armee wurde Fritz Schellhorn wegen Spionage zur Einheitsstrafe von 25 Jahren Haft verurteilt und war von 1944 bis 1955 in sowjetischer Gefangenschaft. 1961 verfasste er für das Auswärtige Amt den Bericht „Aufzeichnung über die Ereignisse während meiner Tätigkeit als Leiter des Deutschen Konsulats in Czernowitz, in Jassy, wieder in Czernowitz und der Konsularabteilung der Gesandtschaft in Bukarest“. 1982 ist Fritz Schellhorn in Rottenburg gestorben.
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